Bibelwort des Monats - Oktober 2024

Ernte unseres Lebens - Joh 4,31-36

„Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht? Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte! Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen.“

Der Ausdruck „goldener Oktober“ geht nicht nur auf das sich im Herbst rot und gelb färbende Laub zurück, sondern bringt auch den Erntereichtum dieses Monats zum Ausdruck. Nicht zufällig fällt das Erntedankfest, das wir am 6. Oktober feiern, in diese üppige Zeit.

Die Jünger in der Johannesperikope sorgen sich um das leibliche Wohl Jesu. Ihr Meister spricht hingegen zu ihnen auf der geistlichen Ebene. Er lebe von einer anderen Speise, die sie nicht kennten. Prompt bestätigen die Jünger ihre Unkenntnis, indem sie auf der materiellen Ebene verhaftet bleiben und fragen, ob ihm jemand zu essen gegeben habe. Die Leser*innen damals und heute wissen es besser als die Jünger. Wir verstehen Jesus und seine Antwort: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden“ (V. 34). Dies entspricht der Antwort Jesu bei der Versuchung durch den Teufel am Ende der 40 Tage in der Wüste: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4).

Nicht der Genuss der irdischen Gaben ist problematisch, sondern das Verhaftetbleiben am Irdischen, Materiellen. Jeder Mensch – nicht nur Jesus – ist viel mehr als Materie. Wir besitzen die Fähigkeit zur Spiritualität und damit schon auf Erden eine Verbindung zur jenseitigen Welt. Wir dürfen und sollen danken für Gottes Gaben und uns an ihnen erfreuen, aber wir dürfen nicht dabei stehenbleiben. Wir sind berufen, die Wirklichkeit hinter den irdischen Dingen – Gott – wahrzunehmen und anzuerkennen.

Die Perikope Joh 4,31-36 hat Bezüge zur damaligen Missionssituation. Die „Ernte“ (im Zusammenhang mit der Rahmengeschichte von der Samaritanerin, Joh 4) ist als „Verkündigung“ zu verstehen. Die Verkündigung ist nicht aufzuschieben. Jetzt ist die Zeit der Verkündigung. Das Reich Gottes fängt im Hier und Jetzt an und wir sind seine Bot*innen, die „Schnitter“, die die Ernte einholen, damit sie nicht verkommt und wir nicht verkommen.

Das beliebte christliche Erntedankfest als Gottesdienst ist nicht nur materiell (oder heutzutage: ökologisch) zu sehen, so wichtig diese Dimensionen sind; es weist uns auch hin auf unser Leben vor Gott. Wir sind eingeladen, uns nach dem Ertrag unseres Lebens als Christenmenschen zu fragen (ohne in Werkgerechtigkeit zu verfallen), und uns ermutigt zu  fühlen, unseren Alltag als Verkündigung zu leben.

Überlegen Sie sich z. B. in einem ruhigen Moment oder meditieren Sie im Gebet: Wo spreche ich über Gott oder meinen Glauben mit anderen Menschen? Wo kann ich um Gottes willen etwas tun, sagen, schenken oder organisieren?

Wir sind eingeladen, die geistliche Ernte einzuholen, sind ermutigt, sie im Alltag lebendig werden zu lassen – nicht irgendwann, sondern jetzt: „Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte!“ (V. 35)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen persönlich einen goldenen Oktober.

Barbara Heitfeld