Bibelwort des Monats - Juli 2024

Mt 6,28

Natur und Kultur

Was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. (Mt 6,28f.)

Die Modegeschäfte locken mit schönen Kleidern, Sonnenbrillen, Hüten oder Schuhen. Die nächste Sommerparty kommt und wir freuen uns über frische Kleidung, aktuelle Muster und strahlende Farben. Und auch bei der Sommerhochzeit des Bruders müssen alle neu eingekleidet werden: Der Große braucht eine ordentliche Hose und ein neues Hemd, und das Kleine sieht einfach bezaubernd aus in einem hübschen Kleidchen, aber das muss erstmal her. Dazu neue Sandalen, und schnell sind 500€ weg, zumal wenn auch die Eltern noch einkaufen müssen. Für viele Menschen ist das zu teuer. Aber an dem Spruch aus dem Volksmund „Kleider machen Leute“ ist was dran: Kleidung bedeutet auch, soziale Unterschiede zu markieren oder zu kaschieren.

Gegen Shopping und neue Kleidung hat Jesus nichts. Er war gern zu Gast auf Hochzeiten und Feiern und unterschied sich auch durch sein Aussehen und Auftreten z. B. von Johannes dem Täufer, der eher „wild“ aussah. Jesus war den Menschen zugewandt; aber wir wissen natürlich nicht wirklich etwas über seine Vorliebe zu (neuer) Kleidung.

Wovon wir hier aber lesen, das sind Dinge, die den Glauben versperren; Dinge, die den Weg zu Gott verbauen. Da ist Orientierung auf das Wesentliche gefragt. Im Wort von der Sorge spricht Jesus die Menschen an, und zwar existentiell;  auf einer Ebene, die den Alltag betrifft.

An einer anderen Stelle geht es im Gleichnis vom Sämann um „die Sorgen der Welt“, den „trügerischen Reichtum“ und die „Gier nach all den anderen Dingen“ (Mk 4,19 parr.). Sie stellen nach Jesu Auffassung die größten Hindernisse dafür dar, dass die „Frucht der Saat“, die für den Glauben steht, reifen kann. Doch nicht nur der „trügerische Reichtum“ an sich, sondern auch die Sorge um Besitz und Nahrung versperren den Blick auf das, was im Leben wirklich wichtig ist: Gottes Zuwendung zu den Menschen.

Diese Zuwendung spiegelt sich nach Auffassung der Evangelien unter anderem in der Schönheit der Natur (vgl. Mt 6,25f. par. Lk 12,22f.). In zahlreichen Gleichnissen des Lehrers Jesus begegnen Bilder, die Motive aus dem Bereich von Natur und Kultur aufnehmen. Der Blick in die Natur und die agrarische Kultur spiegelt nicht nur Hoffnung auf Leben; er ist Zeichen des göttlichen Handelns in der Welt.

Hier, im Kontext der Bergpredigt und des Wortes über die Sorge, stellt Jesus eine Szenerie vor Augen, die sich einer Ästhetik der Naturschönheit bedient: Blumen und Tiere dienen als Vergleiche, die den Wert des Menschen um so positiver herauszustellen.

Das Wort betrifft aber nicht nur Reiche, sondern auch Arme: Arme, die um das Wenige, das sie besitzen, besorgt sein können. Jesus sagt: auch ihr Leben hat Wert, obwohl sie nichts besitzen. Der Text öffnet daher auch eine neue Perspektive auf die Armut, weil die Aufmerksamkeit Jesu nicht nur Akten der Nächstenliebe gilt, um die soziale Situation der Armen zu verbessern (Mt 6,1-4), sondern darin und darüber hinaus Gottes Heil, das er den Armen zuspricht, indem ihre Nöte angesprochen und ernstgenommen werden. Die Hintergrundfolie ist der Wert des Lebens, der (erst oder gerade) wegen des Blickes in die Natur erst die Augen für die Schönheit des Lebens öffnet.

Die Schönheit der Natur dient als narrative Folie. Sie ist gekennzeichnet dadurch, dass von Gott alles hinzugegeben wird (Mt 6,33b), was die Menschen brauchen (vgl. Mt 6,8.11.32). In dieser Ästhetik wird die Sorge als lebensverlängernde Maßnahme aufgelöst, weil der Wert des Lebens durch Gottes Schöpfungshandeln bestimmt ist .

Die biblische Alternative zur Sorge ist der Glaube bzw. das Vertrauen, das den Dienst am Reich Gottes kennzeichnet – darauf will Jesus hinaus. Damit ist die theologische Pointe eingefasst, dass das Vertrauen auf Gottes Zuwendung und Hilfshandeln Stärke gibt.

In dieser Perspektive geht es nicht um Nivellierung ökonomischen Handelns oder gar um die Etablierung einer ökonomischen Naivität (Ernst Bloch), sondern um die Entwicklung von Vertrauen, das sich aus dem Glauben an das (Schöpfungs-)Handeln Gottes speist und so zur grundlegenden Orientierung menschlichen Lebens wird. Das Vertrauen befähigt, motiviert und fokussiert den Blick für den Wert des Lebens – für Arme und Reiche.

Nach dem jesuanischen Wort hilft es, sich diese Dinge klarzumachen, um ein gutes Leben mit Gott zu haben.  Vielleicht kann das zu einem achtsamen Shoppingerlebnis führen: Dankbarkeit und Achtsamkeit für die Schöpfung, aus der alles in dieser Welt kommt. Der nächsten Sommerparty steht dann, bei hoffentlich warmem Wetter und Sonnenschein, nichts mehr im Wege und das Geschenk des Lebens darf ordentlich gefeiert werden!

Aleksandra Brand